Welche Philosophie wir bei der Ausbildung eines Assistenzhundes verfolgen

 Was uns in unserer Arbeit und Ausbildung von Hunden und Menschen besonders wichtig erscheint, ist eine positive und unbeschwerte Atmosphäre. In der lernt es sich einfach für alle Beteiligten besser. Nur in einem positiven und konfliktfreien Umfeld lassen sich mit Hunden und Menschen beim Aufbau eines Teams Lernerfolge erzielen. Um eine solche Atmosphäre zu schaffen, müssen sich alle Beteiligten auf neue Dinge einlassen und ausreichend Geduld, Respekt und Engagement mitbringen, um allmählich das grundlegende gegenseitige Vertrauen zwischen Hund und Mensch aufzubauen.

Dabei lassen wir das Wohlergehen des Hundes nie aus dem Blick und akzeptieren die jeweilige Eigenart eines jeden Hundes.

Auch ein Hund hat seine Bedürfnisse und gerade, wenn er für seinen Trainer oder späteren Menschen so viel Einsatz im Alltag zeigen soll, müssen diese ausreichend befriedigt werden. Das heißt, er will neben seiner Arbeit als praktischer und seelischer Helfer für einen Menschen, auch seinem Drang nach Bewegung Ausdruck verleihen.

 

Deshalb werden alle von uns ausgebildeten Hunde in der Dummyarbeit ausgebildet, bei der das Suchen, Finden und Zutragen von sogenannten Dummys (kleinen Leinensäckchen, die als Attrappe für Wild funktionieren) eine Rolle spielen. Ihre späteren Menschen mit Handicap, die einen von uns ausgebildeten Hunden bekommen, sollten uns versprechen, diesen Hundesport mit ihrem Hund und den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten regelmäßig in der Natur nachzugehen. Damit tun sie nicht nur dem Hund etwas Gutes, weil er nach einem Tag im Büro oder in der Stadt seinen rassetypischen Instinkten folgen darf, sondern auch sich selbst, denn diese Aufgabe fördert die enge Bindung des Teams, stärkt die Selbstwirksamkeit des Menschen, bietet Möglichkeiten zur sozialen Interaktion mit Gleichgesinnten und fördert darüber hinaus die Gesundheit von Mensch und Hund.

Bei der konkreten Ausbildung der späteren Assistenzhunde spielen für uns vier Grundbausteine eine Rolle: Aufmerksamkeit, Geduld, Respekt und Vertrauen.

Aufmerksamkeit bedeutet, dass ich als Mensch lerne, meinen Hund, den ich gerade ausbilde oder führe gut zu „lesen“, um mit ihm in eine Form der feinen Kommunikation treten zu können. Nur wenn ich selbst bereit bin, Sensibilität für den jeweiligen Hund zu entwickeln und ihn aufmerksam beobachte und mein Handeln darauf abstimme, kann ich erwarten, dass auch mein Hund mich aufmerksam beobachtet und bereit ist, mit mir zusammenzuarbeiten.

Geduld bedeutet, dass man als Mensch nicht erwartet, dass ein Hund nach ein paar Übungen alles sofort und für immer kann. Alles braucht  seine Zeit, einen kleinschrittigen Trainingsaufbau und viele Wiederholungen in immer wieder neuen Kontexten. Dabei ist der Weg das Ziel, auch wenn das nicht heissen soll, dass man darüber sein Ziel aus den Augen verliert.

Respekt bedeutet für uns, dass wir die jeweilige Individualität eines Hundes anerkennen und respektieren. Jeder Hund bringt ihm eigene Wesenszüge mit sich, und jeder Hund hat wie jeder Mensch Stärken und Schwächen. Während wir Stärken fördern, lernen wir Schwächen bis zu einem gewissen Grad zu akzeptieren und so anzugehen, dass sie nach und nach weniger in Erscheinung treten. Dies gelingt vor allem dadurch, dass wir akzeptieren, dass Fehler zum Lernen dazugehören und an sich nichts Schlimmes sind. Ein Hund darf wie ein Mensch Fehler machen, unsere Aufgabe als Trainerin ist es jedoch, das Training so zu gestalten, dass der Hund vor allem zu Beginn nicht allzu viele Fehler machen kann. Erst wenn der Hund bereits in bestimmten Bereichen geschult ist, gehen wir daran, bewusst an Schwächen zu arbeiten, aber immer unter der Prämisse, dass der Hund erkennt, dass wenn er korrigiert wird, nur etwas anderes anbieten soll, was dann vielleicht das richtige und erwünschte Verhalten ist. So entwickelt der Hund eine hohe Frustrationstoleranz, wird nicht entmutigt, wenn er korrigiert werden muss und lernt von sich aus alternative Handlungen anzubieten. Dadurch lässt sich das Verhalten eines Hundes in Zukunft leichter und besser formen als mit Strafen oder Zwang. Respekt bedeute für uns auch, dass wir als Trainerin und Hundeführerin für den Hund Verantwortung übernehmen, im Team Mensch/Hund die Führung übernehmen und so dem Hund Sicherheit und Geborgenheit geben, gerade auch in schwierigeren Situationen.

Nur so entsteht Vertrauen zwischen Mensch und Hund, der Hund kann sich fallen lassen und es lässt sich so eine sichere und belastbare Bindung zwischen Mensch und Hund aufbauen, auf der alles Weitere aufbauen kann. Eine solche Grundlage erleichtert dann auch die Übertragung des Gelernten auf den Menschen mit Behinderung, der den Hund später führen wird.